Brauchen deutsche Unternehmen einen Chief Digital Officer (CDO)?


Der Chief Digital Officer

In den letzten Wochen mehren sich Artikel zum Nutzwert eines Chief Digital Officers. Brauchen deutsche Unternehmen – insbesondere der Mittelstand – einen CDO, um die Digitale Transformation zu managen? Der folgende Artikel blickt auf bisherige Einschätzungen und Erkenntnisse und wagt einen Versuch, den Sinn eines CDOs einzuordnen und die Frage des Artikels zu beantworten.

 

Die Aufgaben eines Chief Digital Officer

In Deutschland werden zunehmend Chief Digital Officer – kurz CDOs – eingesetzt – immerhin beschäftigen laut einer Studie von BITKOM 2% aller deutschen Unternehmen ab 500 Mitarbeiter einen solchen.

Vor allem in den Konzernen – zum Beispiel bei BMW und Volkswagen sorgen die CDOs für den Aufbau einer digitalen Roadmap für das Unternehmen, da ein CDO die Aufgabe innehat, die Digitalisierung im Unternehmen zu gestalten und einen möglichst hohen Nutzwert für das Unternehmen zu generieren. Dazu sollten CDOs die Wirkungsweise und die Treiber der Digitalen Transformation kennen und beherrschen.

Digitalisierung heißt für Unternehmen, eine umfassende Veränderung herbeizuführen – damit sind wir letztlich im klassischen Change Management angelangt. Veränderung kostet Zeit und Nerven, und Veränderung hat im Unternehmen immer Gegner.

 

Den Status Quo verstehen

Der erste Schritt besteht darin, den aktuellen Status der digitalen Reife des Unternehmens zu kennen. Hierzu bieten sich verschiedene Maturitätsmodelle an, die eine Messung möglich machen. Wir haben dazu einen Ansatz eingesetzt, bei dem sowohl von außen über eine Digital Monitoring Lösung die Reife des Unternehmens in Bezug zur Branche und zu den Mitbewerbern betrachtet wir, als auch von innen über standardisierte Interviews quer durch das Unternehmen der Stand der Digitalisierung erfragt und verdichtet wird. Die Analyse bildet dann die Grundlage für die nächsten Schritte.

 

Wissen ins Unternehmen bringen

Im nächsten Schritt muss das Grundwissen um Digitalisierung in das Unternehmen gebracht werden. Das fängt in der Geschäftsführungsetage an und endet beim Auszubildenden im Lager.Nach und nach müssen sich alle Bereiche des Unternehmens mit der neuen digitalen Welt zumindest aus der Perspektive des Unternehmens beschäftigen. Vielfach sind die jüngeren Arbeitnehmer nicht das Problem, da sie als Digital Native mit dem Internet groß geworden sind. Die älteren Kaliber sind vorsichtig und in vielen Fällen ängstlich, weil sich für sie alles sehr schnell verändert und sie diese Veränderung nicht komplett verstehen. Daher ist es gerade zu Beginn wichtig, die älteren Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen und sie langsam auf die Digitale Veränderung vorzubereiten. Bei der vorherigen Analyse sollten auch mögliche Gatekeeper identifiziert werden, die im Rahmen des Change Managements Berücksichtigung finden. Das kann und darf so weit gehen, dass Mitarbeiterschulungen angeboten werden, wie Mitarbeiter sich in sozialen Netzwerken verhalten sollen. Diese Trainings haben wir häufiger durchgeführt und die Stimmung im Unternehmen wurde wesentlich verbessert.

 

Digitale Infrastruktur anpassen

Unternehmen müssen für die neue Welt „bereit“ gemacht werden. Dies kann je nach Unternehmen und Branche unterschiedlich komplex ausfallen. Mit digitalen Technologien können Unternehmen heute Prozesse neu und schneller sowie transparenter aufsetzen, Erfolge besser messbar machen und den Kunden stärker in den Mittelpunkt der Prozesse integrieren. Diese Maßnahmen muss der CDO strategisch vorbereiten und die Umsetzung begleiten. Bei allen Aktivitäten hat der CDO die betriebswirtschaftliche Brille an und prüft, in wie weit sich geplante Aktionen im Rahmen der Digitalen Transformation für das Unternehmen rechnen.

 

Das Profil eines Chief Digital Officer

Kerstin Dämon hat für die Wirtschaftswoche einen Artikel verfasst, in dem sie 5 verschiedene Typen von CDOs beschreibt: Progressive Thinker, Creative Disruptos, Customer Advocates, innovative Technologen sowie Universalisten. Die progressiven Denker orientieren sich an zukünftigen Entwicklungen und fördern sehr stark Innovationen im Unternehmen. Kreative Disruptoren schalten eine sehr harte Gangart bei der Transformation von Unternehmen an, was bis zur Kannibalisierung des Geschäftsmodells führen kann. Customer Advocates setzen auf Kundenzentrierung, innovative Technologien sind sehr IT-geprägt, während die Universalisten über ein umfassendes Wissen zur Digitalen Transformation verfügen. Die Autorin versucht, die Typen der CDOs verschiedenen Branchen zuzuordnen.

Spätestens an dieser Stelle bin ich anderer Meinung, da es diese Typologie von CDOs vielleicht geben mag, aber die Anforderung an einen CDO eindeutig additive Skills der Einzeltypen bedingen müssen – egal für welche Industrie.

 

Folgende Eigenschaften und Skills sollte ein CDO besitzen:

  • Umfassende Kenntnisse der Digitalen Transformation (Modelle, Business-Cases, Analyseverfahren)
  • Kundenzentriertes Verständnis und Denken
  • Betriebswirtschaftliche Kompetenzen
  • Prozess-Kompetenzen
  • Tiefgreifendes Technologie-Verständnis
  • Top-Management-Skills

Ein grundsätzlicher Wille zur Veränderung und zur Hinterfragung bestehender Geschäftsmodelle zählen sicher zu einem erfolgreichen CDO dazu – dabei besteht eine besondere Kompetenz darin, andere Menschen zu überzeugen und „mitzunehmen“.

Da ein CDO als C-Level auf Vorstandsebene eingesetzt wird, soll ihm in der Theorie dazu auch die notwendige Verantwortung und Macht beigestellt werden. Die erste große Herausforderung eines solchen Kompetenzprofils besteht nunmehr darin, die beiden Bereiche Digitalisierung und Top-Management in einer Person zu vereinigen. Gerade hier liegt das Problem, weil kaum ein Top-Manager bis heute die Zeit investiert hat, sich sehr intensiv mit der Digitalen Transformation zu beschäftigen. Auf der anderen Seite gibt es eine wachsende Anzahl an Digitalisierungsexperten, die aber in den seltensten Fällen eine Top-Management-Expertise mitbringen.

Bleiben grundsätzlich zwei Wege, die bestehenden Kompetenzprofile weiterzubilden:

Entweder werden Top-Manager für die Digitale Transformation ausgebildet, oder die Digitalexperten müssen sich mit typischen Management-Skills weiterbilden, die ein Top-Management erfordert. Betrachten wir im Folgenden die erste Möglichkeit, Top-Manager weiterzubilden.

 

Die Digital-Ausbildung der Top-Manager

Ist es nun besser, einen Top-Manager ins Silicon Valley zu schicken, wie es vor einiger Zeit Kai Diekmann für die BILD-Zeitung vormachte, damit der Manager vor Ort die digitale Luft schnuppern kann und schnell lernt, die neue Welt zu begreifen, oder sollte er sich von führenden Digitalexperten durch eine Fortbildung mit den relevanten Digitalkompetenzen ausstatten lassen?

Beide Wege sind grundsätzlich denkbar und sinnvoll. Das größte Problem besteht aber nicht in der Fortbildung, sondern in der Einstellung vieler Top-Manager. Die wenigsten haben überhaupt kein Interesse daran, sich intensiv selbst mit der neuen Materie auseinander zu setzen. Und gerade hierin liegt der Grund, warum sich CEOs gern aus der Problematik der Digitalen Transformation freikaufen, indem sie einen CDO einstellen. Tatsächlich ist damit aber das Problem nicht gelöst, weil die Digitalisierung das gesamte Unternehmen – und im ersten Schritt das Entscheidergremium inklusive Geschäftsführer – umfassen muss. (Lesen Sie hier, wie „alte Unternehmen“ erfolgreich digitalisiert werden)

 

Die Management-Ausbildung der Digital-Experten

Der andere Weg besteht darin, Digital-Experten zu Top-Managern zu machen. Die oftmals fehlende Management-Erfahrung und die Typfrage stehen den meisten Experten im Weg. Diese Kompetenzen lassen sich nicht in kurzer Zeit erwerben, sondern müssen mehrjährig aufgebaut werden.

Die Typfrage – also die Frage, ob ein Digitalexperte das „Zeugs zum Manager“ hat, ist ebenfalls schwierig zu beantworten. Nicht jeder Mensch ist dazu geboren, andere Menschen zu führen. In jedem Fall kann dieser Lernprozess nicht in wenigen Monaten abgeschlossen werden. Bei der zunehmenden Anzahl an geschaffenen Stellen für einen CDO steht Deutschland vor dem Problem, dass diese Kompetenzen nicht kurzfristig in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Wie kann also das Problem gelöst werden?

 

Der Lösungsansatz für den effektiven Chief Digital Officer

Eine Lösung für den effektiven Einsatz eines CDOs besteht darin, ihn in einem Zweigespann aufzustellen. Dabei sollte er gemeinsam mit einem „alten Hasen“ des Unternehmens als Sparring-Partner ein Team bilden, das genug Kraft und Akzeptanz im Unternehmen besitzt, um die notwendige Veränderung, die die Digitale Transformation einfordert, auch umzusetzen. Dabei sollten die oben aufgeführten Kompetenzen im Zweiergespann komplett verfügbar sein.

Mittelständische Unternehmen könnten solche Zweiergespanne auch mit einem überschaubaren Budget aufstellen, da sie wenigstens den „alten Hasen“ schon im Unternehmen haben. Er muss aber die erforderliche Zeit spendieren, um den CDO oder Digital-Experten zu unterstützen. Da viele Mittelständler sich scheuen, neue Stellen zu schaffen, kann im ersten Schritt auch ein externer Experte, Berater oder Interim Manager die Digitalisierung begleiten. Dabei ist aber wichtig, den internen Projekt-Manager im Unternehmen von anderen Aufgaben zu befreien, damit er sich auf die neue Aufgabe konzentrieren kann. Im Verlauf des Veränderungsprozesses muss aber mittelfristig im Unternehmen eine eigene Position geschaffen werden.

 

 

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